Liebes BAG, danke für die Zuversicht, bleiben wir aber bei den Fakten!

MEDIEN-MITTEILUNG zur «Klarstellung» seitens BAG

Die Zukunft des Giftnotrufs ist gefährdet, weil der Bund nicht umfänglich für die Abgeltung von Tox Info Suisse sorgt, wie es das Chemikaliengesetz vorgibt. Das BAG zeigt sich nun zuversichtlich in seiner «Klarstellung1». Tox Info Suisse ist erfreut über diese Nachricht. Gleichzeitig wehrt sich Tox Info Suisse aber entschieden gegen einige missverständliche Darstellungen seitens des BAG.

1.1 Millionen Franken Soforthilfe: Das braucht es, damit der nationale Giftnotruf 145 auch 2026 bestehen bleiben kann. Bereits 45‘000 Personen unterstützen die Petition, die Bundesrätin Baume-Schneider auffordert, den Betrag aufzubringen.

Tox Info Suisse freut sich über die öffentliche Zuversicht des BAG, bald eine Lösung für den Giftnotruf zu finden. Dies insbesondere, weil das BAG seit Jahren bei allen Verhandlungsgesprächen wiederholt, dass es selber keine signifikant höheren Geldbeträge für Tox Info Suisse spreche2, da die notwendigen Mittel nicht vorhanden seien. Die Zusage fürs Jahr 2026 braucht der Giftnotruf bis spätestens Ende August, damit ein reibungsloser Ablauf Anfang nächstes Jahr garantiert werden kann.

Tox Info Suisse wehrt sich entschieden gegen die folgenden missverständlichen Darstellungen in der BAG-«Klarstellung». Dort heisst es:

  • «… dass die Leitung von Tox Info Suisse nicht in der Lage ist, den Betrieb nachhaltig sicher zu stellen». Tatsächlich leistet die Leitung hervorragende Arbeit in der Sicherstellung des Betriebes unter schwierigsten Umständen.

  • Der Stiftungsrat beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Finanzierungsfrage. Eine nachhaltige Finanzierung ist mit dem heutigen Modell kaum zu erreichen. Die Abgeltung einer Auskunftsstelle für Vergiftungen ist im Gesetz als Aufgabe des Bundes verankert, die Verantwortung für die Finanzierung wurde bisher jedoch nur zum Teil wahrgenommen und Tox Info Suisse selbst überlassen (siehe Hintergrundinformationen).

  • «Das BAG und das EDI erarbeiten unter Einbezug aller Beteiligten Massnahmen, die die Finanzierung von Tox Info Suisse einnahmen- und ausgabenseitig mittelfristig konsolidieren und langfristig sicherstellen sollen.» Dies impliziert ein de facto nicht vorhandenes Sparpotential (siehe Hintergrundinformationen) und hinterlässt den Eindruck, dass die Leitung und der Stiftungsrat hier schlechte Arbeit geleistet hätten. Tatsächlich beruht diese Aussage aber auf einer fehlerhaften Problemanalyse.

Die Schweizer Bevölkerung hat in den ersten drei Tagen nach Petitionsaufschaltung mit 45‘000 Stimmen klar zum Ausdruck gebracht: Die CHF 1.1 Mio. sind ein Pappenstiel und dringend nötig für die gute medizinische Versorgung der Schweizer Bevölkerung, zu welcher der allseits geschätzte und nachweislich qualitativ hochwertige Giftnotruf gehört.

(1) www.bag.admin.ch/de/klarstellung-zur-medienmitteilung-von-tox-info-suisse 
(2Die Beiträge des BAG betrugen bis 2023 TCHF 500*, für die Jahre 2024-2028 wurden sie um TCHF 70* erhöht. (*exkl. MwSt., siehe auch Hintergrundinformationen).



Für weitere Auskünfte kontaktieren Sie bitte:
medien@toxinfo.ch
Tel. 044 251 66 66 (von 8:00 – 12:00 und 13:00 – 17:00)



Hintergrundinformationen


Der Stiftungsrat möchte folgende Fakten festhalten in Bezug auf die «Klarstellung» des BAG:

Sicherung des nachhaltigen Betriebs: Ein nachhaltiger Betrieb mit dem Aufgabenspektrum, welches dem heutigen Leistungsauftrag von Bund und Kantonen entspricht, kann mit den aktuellen finanziellen Mitteln nicht langfristig aufrechterhalten werden. Die Leitung von Tox Info Suisse schafft es dennoch, trotz grösster Widrigkeiten, den operativen Betrieb nicht nur zu sichern, sondern zusätzlich auf allen Ebenen zu optimieren. Nun braucht es finanzielle Mittel, damit der Betrieb auch nachhaltig für die Zukunft gesichert werden kann. Zum Beispiel braucht es dafür marktgerechte Löhne und die notwendigen Stellen müssen besetzt sein. Der grosse Verdienst der Leitung drückt sich darüber hinaus dadurch aus, dass die hochspezialisierten und gefragten Mitarbeitenden motiviert sind und dem Giftnotruf die Stange halten. Das ist alles andere als selbstverständlich bei den suboptimalen Arbeitskonditionen. Wenn sie seitens Bund nun lesen müssen, dass das BAG noch weitere Sparmassnahmen verlangt, ist damit zu rechnen, dass die bis heute vorhandene Motivation nachlässt.

Nachhaltige Finanzierung des Betriebs: Es stimmt - der Stiftungsrat kann die Finanzierung des Giftnotruf-Betriebs nicht länger sichern. Aus genau diesem Grund hat sich der Stiftungsrat bereits vor mehreren Jahren an die Politik, unter anderem an das BAG, gewandt, um auf dieses drängende Problem aufmerksam zu machen.
Über Jahrzehnte hinweg hat der Stiftungsrat von Tox Info Suisse mit grossem Engagement die Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel organisiert. Das Finanzierungsmodell von Tox Info Suisse bestand bisher darin, dass grössere und kleinere Organisationen sich jeweils für ein oder mehrere Jahre freiwillig zu einem Beitrag verpflichtet haben. Das bedeutet, dass sich der Stiftungsrat dauernd und intensiv um neue Finanzierer bemühen musste. Seit knapp 10 Jahren wird diese Art der Finanzierung immer schwieriger, da der Spardruck auch bei den privaten Trägern zunehmend zu einem Wegfall der Einnahmen geführt hat. Gleichzeitig hat der Stiftungsrat erkannt, dass auch Tox Info Suisse marktgerechte Löhne finanzieren muss und im medizinischen wie auch im administrativen Bereich minimale zusätzliche Stellenprozente benötigt werden, was die Ausgaben entsprechend vergrössert hat. Der Stiftungsrat hat deshalb in den letzten Jahren wiederholt thematisiert, dass das bisherige Finanzierungsmodell nicht mehr tragfähig ist. Das Chemikaliengesetz besagt, dass der Bund für die Abgeltung von Tox Info Suisse sorgen muss. Es hat jedoch keine Folgeabschätzung stattgefunden: Im Gesetz ist nur geregelt, dass die Abgeltung seitens Bund stattfindet, aber es fehlt die gesetzliche Grundlage darüber, wie die Abgeltung finanziert werden soll. Dass das BAG nun «seit Monaten mit grossem Einsatz an einer Lösung arbeitet», freut den Stiftungsrat von Tox Info Suisse einerseits, zeigt aber andererseits auch das schwere zeitliche Versäumnis (das Problem war seit Jahren bekannt).

Sparpotential: Die Aussage, dass BAG und EDI Massnahmen erarbeiten wollen, «die die Finanzierung von Tox Info Suisse einnahmen- und ausgabenseitig mittelfristig konsolidieren» sollen, unterstellt die Existenz eines nicht voll ausgeschöpften Sparpotentials. Hierzu hält der Stiftungsrat fest, dass aufgrund der angespannten Finanzsituation sowohl der Stellenplan selbst als auch die Höhe der bezahlten Saläre zulasten der Mitarbeitenden seit vielen Jahren unzumutbar niedrig angesetzt sind und dringend angepasst werden müssen. Die für den Betrieb des nationalen Giftnotrufs und einzigen akut-toxikologischen Kompetenzzentrums in der Schweiz adäquaten Kosten betragen CHF 5.7 Mio. pro Jahr. Dass es heute mit einer guten Million weniger geht, liegt an der Gutmütigkeit, Loyalität und Opferbereitschaft der langjährigen Mitarbeitenden. Dass es so nicht weitergehen kann, ist klar. Denn der Nachwuchs, der sich auf solche Arbeitsbedingungen einlässt, fehlt!

Beiträge des BAG an Tox Info Suisse: Der Bund bezahlt im Jahr 2025 genau gleich viel wie im Vorjahr. Der um knapp TCHF 40 höhere Beitrag des BAG für das Jahr 2025 sei eine ausdrückliche Ausnahme, wie wiederholt vom BAG kommuniziert wurde. Er gleicht gerade das Defizit aus, welches durch den in diesem Jahr anscheinend ausfallenden Beitrag vom BLV entsteht. Ab 2026 wurde seitens BAG wieder der tiefere Beitrag von TCHF 570 (exkl. MwSt.), also rund 10% der benötigten Mittel, in Aussicht gestellt.

Finanzierung durch Spitalanrufe: Das Potential der zusätzlichen Mittel durch die Spitalfinanzierung ist mittelmässig im Vergleich zum Risiko, dass weniger Spitalärzte anrufen (= Qualitätsminderung bei Behandlung von Patienten) und zum administrativen Zusatzaufwand. Tox Info Suisse würde jedoch begrüssen, wenn die Versicherer auch zukünftig wieder einen Beitrag an den Giftnotruf leisten würden, da der Giftnotruf unnötige Besuche auf den Notfallstationen und in den Arztpraxen verhindert und somit dem Gesundheitswesen Kosten spart. Aktuell leistet seitens Versicherer nur noch die SUVA einen finanziellen Beitrag an den Giftnotruf.





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